Rundwanderung Moaralmsee - Bärfallspitze - Hauser Kaibling Gipfel

Wie es der Moaralmsee auf Platz 1 geschafft hat

„Oh mein Gott, ich bin im Paradies“ – ich weiß noch genau, was ich gedacht habe. Ich bin gerne und viel unterwegs in den Bergen. Manche Erinnerungen verblassen dabei recht schnell, andere Momente hingegeben bleiben lange im Gedächtnis. Einer von letzteren ist jener, als ich den Moaralmsee zum ersten Mal gesehen habe. Ich kannte den See von Fotos und das war auch der Grund, weshalb ich mich an jenem August-Tag vor 3 Jahren für die Wanderung entschieden habe. Ich durchstöbere die Fotos von damals und die Erinnerungen werden wieder greifbar…

Zum Ausgangspunkt der Tour auf 1.870 m befördert uns die Schladminger Tauern Seilbahn, die „alte Gondel“, wie die Einheimischen sie umgangssprachlich nennen. Eine Freundin begleitet mich auf die Tour. Die Auffahrt auf den Hauser Kaibling beginnt schon unterhaltsam, ich genieße den Ausblick und lerne dabei noch etwas. Wie so oft befindet sich nämlich auch dieses Mal eine Person in der Gondel, welche die umliegenden Berge genau kennt. Interessanterweise sind das oft Leute, die nicht aus der Region kommen. Ich bin in solchen Situationen immer ganz leise und hoffe, dass mich niemand als „Einheimische“ entlarvt. Dann würde ich bestimmt mit Fragen bombardiert werden, die mich peinlich berühren. „Welcher Berg ist das da drüben?“ Ich müsste offen und ehrlich zugeben: „Ich weiß es nicht!“ Strafende Blicke von der anderen Seite folgend. Dass ich auf einigen von ihnen oben war, heißt nicht, dass ich sie von unten aus gesehen wiedererkenne. Ich müsste dann ein weiteres Mal beschämt den Entschluss fassen, mir endlich eine entsprechende App herunterzuladen und alle Berge auswendig zu lernen, nur um es in den nächsten Minuten gleich wieder zu vergessen. Um dieser Zwickmühle zu entgehen verhalte ich mich also unauffällig und bin gleichzeitig beeindruckt vom Wissen anderer. Der Blick meiner Wanderkollegin verrät mir, dass sie denselben Gedanken hat. Oben angekommen müssen wir erst über diese Situation lachen, bevor wir dank der guten Beschilderung und meiner akribischen Recherche im Vorfeld sofort den richtigen Weg finden. Die Wanderung beginnt locker und entspannt über den Schafsinn-Rundweg zum Rossfeldsattel und anschließend weiter über den Weg Nr. 45 Richtung Moaralmsee. Das Wetter spielt gut mit, die Sonne kommt immer wieder zwischen den herumziehenden Wolken hervor. Perfekte Wanderbedingungen für einen Sommertag.

 

1. Etappe: Moaralmsee (1.824 m)

Der Weg bis zum See ist sehr kurzweilig und abwechslungsreich. Ich merke gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Nach knapp einer Stunde ist es geschafft: Vor uns liegt der Moaralmsee. Ich bin erstaunt, dass ich noch gar nicht müde bin. Vielleicht aber spüre ich es einfach nicht, weil mich der Anblick von diesem idyllischen Plätzchen so fasziniert. Wow, das Wanderziel schafft es schnurstracks auf meine Top 3 Favoritenliste. Der See schmiegt sich ruhig und sanft in die umliegenden Berge ein und lässt sich von deren Präsenz nicht beeindrucken. Im Gegensatz zu mir. Einer davon muss laut Beschreibung der bekannte Höchstein sein. Der Name lässt erkennen, dass es wohl der höchste von den Bergen ist. Wenn das nur immer so einfach wäre. Der Moaralmsee ist glasklar. Wenn die Sonne zwischen den Wolken hervorblitzt, kommt seine türkise Farbe noch besser zur Geltung. Das Wasser glitzert schon fast kitschig, der Wind sorgt für leichte Wellen. Das ist einer dieser schönen Momente, in denen man gar nicht viel sagen kann, weil es ohnehin keine Worte dafür gibt. Wir packen unsere Jause aus und genießen den Anblick. Immer wieder kommen ein paar Wanderer aus unterschiedlichen Richtungen. Es gibt mehrere Wege, über welche man den Bergsee erreichen kann. Glücklicherweise sind alle sofort erfasst von der einmaligen Schönheit der Landschaft und verhalten sich angenehm ruhig, sodass wir den sanften Klang der Natur genießen können.

 


2. Etappe: Über die Seescharte zur Bärfallspitze (2.150 m)

Nach einem ausgiebigen Zwischenstopp ist es an der Zeit, weiter zu gehen. Sollen wir den gleichen Weg zurück oder die Tour über die Seescharte hinauf zur Bärfallspitze nehmen? Wir fühlen uns beide noch fit und entscheiden uns für die Bärfallspitze. Ich möchte nicht sagen, dass ich diese Entscheidung noch bereuen werde, aber – Spoileralarm – ich werde heute noch an meine Grenzen kommen. Wir suchen also den Weg zur Seescharte und finden ihn auch gleich. Etwas weiter oben entdecken wir einen zweiten See und überlegen kurz, wie er wohl heißen mag. Warum wird dieser See nirgendwo erwähnt? Diese Fragen bleiben für heute ungelöst. Weiter geht es hinauf auf dem markierten Wanderweg bis - ja bis wir feststellen müssen, dass wir wohl eine Markierung übersehen haben. Das kommt in den besten Familien vor. Und bei uns eben auch manchmal. Wir bemerken, dass uns jemand gefolgt ist, und überspielen unsere Orientierungslosigkeit mit einer kurzen Trinkpause, in der Hoffnung, unsere Verfolger kennen sich besser aus. Einfach so tun als wäre es Absicht – diese Strategie hat mich schon durch so manch heikle Situation gebracht. Warum nicht einfach zugeben, wenn man sich verläuft? Eine weitere Frage, die unbeantwortet bleibt. Während wir also Wasser trinkend darüber hinwegtäuschen, dass wir nicht die leiseste Ahnung haben, wo es weiter geht, passiert genau das, worauf wir gehofft hatten: Wir sehen etwas entfernt ein paar Wanderer, die sich offensichtlich auf dem richtigen Weg befinden. Es sind zwar nicht unsere Verfolger, aber die haben sich bestimmt auch darüber gefreut. Weiter geht es also. Nach kurzer Zeit wird es sehr steil und die zuvor unfreiwillig eingelegte Pause ergibt plötzlich sogar Sinn. Auf relativ schmalem Weg geht es weiter steil bergauf, zurückblicken ist hier keine gute Idee. Ich schiebe meine Höhenangst durch Gedankenkraft und volle Konzentration beiseite. Solange ich einen Schritt nach dem anderen mache, ist alles gut. Oben angekommen vergesse ich kurz, wie steil es überall direkt neben mir bergab geht, weil ich zu ergriffen vom Ausblick bin. Man sieht weit in die Ferne, blickt auf die Täler hinab und auf die vielen Berggipfel herum – wer aufgepasst hat, der weiß bereits, dass ich sie allerdings nicht benennen kann. Wir umrunden ein paar Felsen und kommen zu einer Weggabelung. Nach einer kurzen Beratungszeit entscheiden wir uns für den rechten Weg. Es kann nie schaden, sich auf den rechten Weg zu begeben, oder? Der linke führt zwar vermutlich nicht ins Verderben, sondern einfach direkt hinab zum Ausgangspunkt – aber das bleibt eine weitere für heute ungelöste Frage.

Der im doppelten Sinne „rechte Weg“ entpuppt sich nach nur kurzer Zeit als persönliche Herausforderung für mich. Nicht konditionell, sondern mental. Wir überschreiten einen Grat auf einem schmalen Pfad, bei dem es auf einer Seite extrem steil hinunter geht. Ich gebe mein Bestes, um meiner Höhenangst zu trotzen und dem Hinabblicken zu widerstehen, bin aber gleichzeitig neugierig. Ich habe eine Idee: Ich begebe mich auf alle Viere, damit ich den für mich nötigen Halt finde, um die schroffe und steile Felswand, die sich unter mir befindet, näher betrachten zu können. Glücklicherweise bin ich bis auf meine Wanderbegleitung unbeobachtet. Sie kennt mich schon, also ist alles gut. Für andere ist das vermutlich ein Klacks, für mich jedoch eine richtige Mutprobe. Die Rettung – ein leichterer Weg entlang eines Hügels – ist auch schon in Sicht. Nach kurzer Zeit erreichen wir den Gipfel der Bärfallspitze und ich bin ein weiteres Mal sprachlos vom imposanten Ausblick. Imposant ist leider auch der kühle Wind, deswegen brechen wir nach einem Eintrag im Gipfelbuch gleich wieder auf. Ich bin ein bisschen stolz auf mich, meine Höhenangst überwunden zu haben. Es wäre zu schade, müsste ich auf diese Aussichten verzichten.

 

3. Etappe: Hauser Kaibling (2.015 m)

Die Erwartung eines einfachen Abstiegs wird nicht enttäuscht und irgendwann kommen wir wieder zurück zu bereits bekannten Wegen. Wir entscheiden uns, noch einen Abstecher zum Gipfelkreuz des Hauser Kaiblings zu machen. Wo genau kommen eigentlich diese vielen Schafe her, die uns hier plötzlich begegnen? Es ist interessant, wie unterschiedlich sie alle aussehen. Und es ist interessant, wie wenig ich über Schafe weiß. Ich möchte an dieser Stelle jedoch nicht ein weiteres Mal mit Nicht-Wissen protzen, deswegen überspringe ich den Teil, in welchem wir verschiedenste Theorien über Schafe aufstellen. Am einfach zu erreichenden Gipfel des Hauser Kaiblings hat man eine tolle Fernsicht, aber ich bin nach der Tour nun wirklich müde und die Aussicht auf eine Hütteneinkehr begeistert mich gerade mehr als die Aussicht am Gipfel. Wir machen uns deswegen gleich weiter auf den Weg hinab, die Hütten sind schon in Sichtweite. Je näher wir ihnen kommen, desto hungriger werde ich. Wir entscheiden uns für die Krummholzhütte und sind beim Blick in die Speisekarte mehr als zufrieden mit unserer Wahl. Mit solchen kulinarischen Schmankerln haben wir am Berg nicht gerechnet. Während wir auf das Essen warten, beobachten wir ein paar Kinder, welche die Schafe neben der Hütte streicheln. Ich entwickle dabei höchsten Respekt vor der Geduld der Schafe. Ich bin bei weitem nicht so geduldig, deswegen freue ich mich, dass die Speisen schnell serviert werden. Das Essen ist das letzte Highlight an diesem Tag, es schmeckt wirklich ausgesprochen lecker und wir beschließen, bald wieder zu kommen. Nach dem stärkenden Hüttenbesuch machen wir uns auf den Heimweg. Die Gondelbahn befindet sich direkt neben der Hütte, weswegen wir innerhalb kürzester Zeit wieder unten im Tal ankommen. Müde, aber glücklich. So wie es sein soll.

Dieses Erlebnis ist nun 3 Jahre her. 3 Jahre! Höchste Zeit, es zu wiederholen. Ich setze den Moaralmsee auf Platz 1 meiner Wanderliste für 2020. Die Vorfreude wächst und ich kann es kaum erwarten, bis der Schnee schmilzt und die Wanderung möglich wird. Nur noch wenige Wochen, bis es so weit ist. Ich zähle die Tage…

 

Ich wünsche euch einen wunderschönen Sommer und viel Freude beim Entdecken unserer wunderschönen Heimat, der Region Schladming-Dachstein. Eure Christina

 

Mehr Fotos vom Moaralmsee:

Genaue Informationen zur Rundwanderung findest du HIER.